Mindelheim
Samstag 30.08.2025:
Heute möchte ich Ihnen die bezaubernde Stadt Mindelheim im Allgäu vorstellen. Hier können Sie auf einer Lauschtour eine spannende Reise durch die Jahrhunderte unternehmen – vom Mittelalter über die Barockzeit bis hin zur Gegenwart. Für meine Anreise in diese wunderschöne Stadt im Allgäu habe ich selbstverständlich wieder die Regionalbahnen genutzt. Mein Startpunkt war Übersee, wo ich mit der RE 5 von Salzburg nach München gefahren bin. Dieses Mal verliefen sogar die Grenzkontrollen genau in der Zeitspanne, die bereits im Fahrplan vorgesehen war.
Von München aus ging es dann ohne Umsteigen direkt nach Mindelheim. Allerdings möchte ich anmerken, dass die AVERIO (die derzeit den Betrieb der Strecke München–Lindau-Reutin übernimmt) unbedingt dafür sorgen sollte, dass diese stark frequentierte Strecke am Samstag von mehr als einem Fahrzeug bedient wird.
Zum Vergleich: Auf der Strecke München–Salzburg verkehren mittlerweile drei gekoppelte Züge, um das hohe Fahrgastaufkommen problemlos zu bewältigen. Solch eine Lösung wäre sicherlich auch für die Strecke nach Mindelheim ideal.
Nach Ihrer Ankunft in Mindelheim beginnt die Lauschtour direkt am zentralen Marienplatz der Stadt. Dieser historische Platz, der samstagmorgens auch den charmanten Wochenmarkt beherbergt, ist ein beeindruckender Ort voller Geschichte. Hier steht das ehemalige Zunfthaus der Weber, das heute als Rathaus dient. Für die Umgestaltung dieses Gebäudes wurde kein Geringerer als der renommierte Architekt Eugen Drollinger beauftragt. Drollinger war unter anderem an den weltberühmten Bauprojekten von Märchenkönig Ludwig II., wie etwa Schloss Neuschwanstein, beteiligt. Vor dem Rathaus können Sie die detailreiche Bronzefigur des einstigen Landesherrn Georg von Frundsberg bewundern. Ihm zu Ehren veranstaltet die Stadt alle drei Jahre das berühmte Frundsbergfest. Dieses Fest ist ein absolutes Highlight für Mittelalterfans. Besonders beeindruckend: Während des Festes werden moderne Elemente der Stadt entweder abgebaut oder geschickt verdeckt, um eine authentische Atmosphäre zu schaffen. Die nächste Gelegenheit, dieses einzigartige Event zu erleben, bietet sich im Jahr 2026. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!
Der Besuch der mittelalterlichen Stadt Mindelheim war früher bei weitem nicht so bequem wie heute – insbesondere, wenn man während der Abend- oder Nachtstunden in die Stadt gelangen wollte. Das Einlasstor, ein bedeutender Teil der Stadtbefestigung, erinnert an diese Zeiten. Es war damals die einzige Möglichkeit, auch nach Torschluss Einlass in die Stadt zu finden. Später wurde das Tor in einen Wohnturm umgebaut, was man noch heute an den nachträglich eingefügten Fenstern deutlich erkennen kann.
Ein weiteres Highlight ist der außergewöhnliche Kirchturm der Silvesterkapelle, der ein kleines, aber beeindruckendes Geheimnis birgt. Hier befindet sich das Schwäbische Turmuhrenmuseum, das von der Süddeutschen Zeitung einst zu einem der interessantesten Museen Deutschlands gekürt wurde. Ein besonderes Highlight erwartet Besucher im Kirchturm selbst: ein einzigartiges Exponat, zu dem Stadtführer Wolfgang Kastello Spannendes zu berichten weiß.
„Das längste Exponat ist das zweitlängste Pendel der Welt, das hier gemächlich in einem Zeitraum von einmal fünf Sekunden hin- und herschwingt, dieses Pendel ist absolute Sensation und zieht sich in dem Turm von untern bis oben geradezu durch.“
Mindelheim blickt auf eine lange Tradition als Bildungsstadt zurück, die bis ins 17. Jahrhundert reicht. Ein eindrucksvolles Zeugnis dieser Geschichte ist das Jesuitenkolleg. Der Jesuitenorden, bekannt für sein Engagement in der Bildung, spielte damals eine führende Rolle in verschiedenen Wissenschaften. Heute befindet sich direkt gegenüber dem ehemaligen Kolleg die Berufsschule der Stadt Mindelheim. Das beeindruckende historische Gebäude des ehemaligen Jesuitenkollegs beherbergt inzwischen gleich vier Museen der Stadt. Ein Besuch dieser Museen ist ein absolutes Muss für alle Kultur- und Geschichtsinteressierten. Planen Sie genügend Zeit ein und denken Sie daran, die aktuellen Öffnungszeiten zu beachten!
In unmittelbarer Nähe zu den sehenswerten Museen haben Sie die Gelegenheit, das älteste Stadttor der Region zu erkunden. Die schmalen Fenster des Turms dienten einst als Schießscharten, und Sie können sogar die Führungsschiene des historischen Fallgitters bestaunen. Besonders beeindruckend ist die beeindruckende Höhe des Turms – in der Zeit des Mittelalters glich er einem Wolkenkratzer und war schon aus der Ferne sichtbar. Dieser Turm war nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern auch ein markantes Symbol für die Verteidigungsbereitschaft der Stadt.
Ein weiteres Highlight ist die Jesuitenkirche Mariä Verkündigung, ein wahres Juwel des bayerischen Barocks. Diese Kirche strahlt eine besondere Atmosphäre aus, die Sie einlädt, zur Ruhe zu kommen und neue Energie für die Herausforderungen des Alltags zu tanken.
Auch außerhalb der Kirche können Sie die Schönheit des Ortes genießen. Kleine Plätze laden zum Verweilen ein, und entlang der geschichtsträchtigen Maximilianstraße erwarten Sie zahlreiche Geschäfte, Cafés, Bistros und Restaurants. Bereits im Mittelalter war diese Straße ein bedeutender Handelsweg, auf dem Salz- und Fernhandel florierten. Die prächtigen Häuser entlang der Straße gehörten damals wohlhabenden Kaufleuten, die hier lebten und ihren Handel betrieben. Typisch für diese Bauweise war ein Verkaufsraum im Erdgeschoss, während die Familie in den oberen Stockwerken wohnte. Die kleinen Fenster unter dem Dach waren den Unterkünften des Personals vorbehalten. Zwischen den Häusern finden sich schmale Gassen, die einst dem Brandschutz dienten und zugleich zur Beseitigung von Tierabfällen genutzt wurden – ein Umstand, der sicherlich den Geruch der Stadt prägte. Glücklicherweise sorgt heute eine moderne Kanalisation für bessere Verhältnisse.
Die Stadtmauer von Mindelheim ist ein besonders faszinierendes Relikt der Vergangenheit. Im Laufe der Jahrhunderte verlor sie jedoch ihre Bedeutung als Verteidigungsanlage der Stadt. Etwa um das Jahr 1810 entschied man sich daher, die Stadtmauer zu verkaufen. In typisch schwäbischer Sparsamkeit wurde die Mauer sogar in zwei Teile verkauft: die Innenseite und die Außenseite. Wohlhabende Bürger konnten sich beide Seiten leisten, sodass die Mauer teilweise mitten durch deren Häuser verlief. Interessanterweise war die Außenseite der Mauer teurer, da sich dort der Stadtgraben befand, der in einen Garten umgewandelt werden konnte.
Der Gefängnisturm, erbaut im späten 13. Jahrhundert, gibt einen eindrucksvollen Einblick in die damaligen Haftbedingungen. Besonders die Zellen im oberen Bereich des Turms zeugen von den schwierigen Verhältnissen jener Zeit. Erst im 19. Jahrhundert wurde am Fuße des Turms ein Vorbau errichtet, der bessere Haftbedingungen bot. Dies wird schon anhand der größeren Fenster im unteren Bereich deutlich.
Der Rundgang durch die mittelalterliche Stadt Mindelheim endet am Oberen Tor. Hier können Sie die beeindruckenden Wehrgänge an der Stadtmauer bestaunen, die einen wichtigen Bestandteil der Stadtbefestigung darstellten. Diese Wehrgänge waren überdacht, um einerseits vor schlechtem Wetter zu schützen und andererseits die Verteidiger vor herabfallenden Steinen und Pfeilen der Angreifer zu bewahren. Ein bemerkenswertes Zeugnis der Wehrkunst des Mittelalters!
Ein Abstecher zur Pfarrkirche St. Stephan lohnt sich auf jeden Fall. Sowohl der Vorplatz als auch das Innere der Kirche sind einladend gestaltet und bieten eine ruhige Atmosphäre. Wie in anderen Kirchen der Region können Sie hier zur Ruhe kommen und neue Energie tanken. Die Gestaltung des Kirchenraums unterscheidet sich deutlich von der der Jesuitenkirche – weniger barock, aber dennoch ein Ort, der zum Verweilen einlädt. Besonders entspannend ist der schattige Platz vor der Kirche, wo Sie unter einem großen Baum verweilen können.
Besonders gefallen hat mir an Mindelheim die Vielzahl an kleinen Geschäften, die zum gemütlichen Bummeln einladen, sowie die charmanten Cafés und die ausgezeichnete Gastronomie. Allerdings gibt es einen kleinen Wermutstropfen: Ich persönlich fände es noch schöner, wenn die Altstadt autofrei gestaltet wäre. Selbst von außerhalb gelegenen Parkplätzen sind die Geschäfte und Sehenswürdigkeiten bequem zu Fuß erreichbar. Eine autofreie Zone würde nicht nur die Sicherheit erhöhen, da man sich als Fußgänger nicht ständig auf den Verkehr achten müsste, sondern auch den Aufenthalt noch angenehmer machen. Cafés, Restaurants und Bistros könnten dann ihre Außenbereiche erweitern und so ein noch lebhafteres Stadtleben schaffen. Vielleicht wird dieser Wunsch ja eines Tages wahr. Unabhängig davon kann ich einen Besuch in Mindelheim – besonders mit der Zuganreise – nur wärmstens empfehlen. Weitere Informationen zur Altstadt und ihren Highlights finden Sie hier.