Roth

Ende Oktober führte mich mein Weg erneut in die Nähe von Nürnberg, genauer gesagt in die idyllische und geschichtsträchtige Kreisstadt Roth. Mein Besuch hatte dabei zwei ganz besondere Gründe: Zum einen war es mein Ziel, die aktuelle und hochinteressante Sonderausstellung über Anne Frank im Museum im Jagdschloss Ratibor zu besuchen und mich dabei intensiver mit diesem prägenden Kapitel der Zeitgeschichte zu beschäftigen. Zum anderen wollte ich die Gelegenheit nutzen, um noch tiefer in die interessante und facettenreiche Geschichte der Stadt Roth einzutauchen. Dafür bot die Lauschtour-App die perfekte Möglichkeit. Diese App habe ich in der Vergangenheit bereits auf mehreren Reisen zu unterschiedlichen Orten genutzt, um Städte auf eine ganz besondere und oftmals ungewohnt spannende Weise zu erleben. Auch in Roth war sie mein treuer Begleiter und erwies sich erneut als idealer Ausgangspunkt, um die Stadt, ihre beeindruckende Geschichte zu entdecken und dabei neue Einblicke zu gewinnen.

Die Reise ab Übersee war schnell und unkompliziert organisiert. Mit dem BRB RE 5 ging es früh morgens in Richtung München. Zu dieser Zeit ist der Zug gut ausgelastet, da viele Pendler auf dem Weg zur Arbeit oder zu anderen wichtigen Terminen in München unterwegs sind. Auch Rosenheim stellt einen bedeutenden Knotenpunkt dar, an dem zahlreiche Reisende ein- und aussteigen, wodurch der Zug oft noch voller wird. Die Organisation der Reise war erfreulich reibungslos, sodass ich die Fahrt stressfrei antreten konnte.

Ab München Ost lichtet sich die Anzahl der Fahrgäste spürbar, was die Weiterfahrt wesentlich angenehmer gestaltet. Interessanterweise verkehren zwischen 4:56 Uhr und 6:56 Uhr nahezu im 20-Minuten-Takt Züge nach München, um den morgendlichen Pendlerverkehr möglichst stressfrei, effizient und komfortabel zu bewältigen. Ich selbst nutze diese Verbindungen regelmäßig, um unkompliziert und pünktlich nach München zu gelangen. Auf diesen Fahrten trifft man ein bunt gemischtes Publikum: Berufspendler, Auszubildende, Studierende sowie Schüler aus den Landkreisen Rosenheim, Traunstein oder München. Während manche Mitreisenden gern ein Gespräch suchen und sich austauschen, sind andere schon so tief in ihre Arbeit vertieft oder in Gedanken versunken, dass man sie besser nicht stört – das erkennt man aber recht schnell, wenn man die Situation aufmerksam beobachtet.

In München stieg ich dann in die RB 46 der DB Regio Bayern um, die mich bis nach Treuchtlingen bringen sollte. Dort wechselte ich in den RE 16. Auf der Strecke über Ingolstadt erlebte ich eine unerwartet positive Begegnung: Ein Mitreisender fragte höflich und rücksichtsvoll, ob es in Ordnung sei, wenn er telefonieren würde. Solch respektvollen und überlegten Umgang erlebe ich wirklich selten! Das Telefonat störte mich keineswegs, da es angenehm leise geführt wurde, und beim Aussteigen in Ingolstadt – vermutlich war sein Ziel der Arbeitsplatz bei Audi – wünschte er mir sogar eine schöne Weiterreise. Diese kleine, freundliche Geste blieb mir im Gedächtnis und hat mir gezeigt, wie angenehm Zugreisen sein können. Übrigens: Die Strecke von Ingolstadt nach Treuchtlingen ist landschaftlich ein echtes Highlight. Vorbei an dichten, idyllischen Wäldern, klaren Gewässern und schroffen Bergen bietet die Fahrt eine fantastische Gelegenheit, die Natur zu genießen und die Seele baumeln zu lassen.

Das Genießen der Zugfahrt fiel mir umso leichter, als ich mitbekam, dass auf der A9 zwischen Nürnberg und Roth ein Unfall für eine Sperrung bis in den Nachmittag sorgte. Natürlich sind solche Unfälle nie erfreulich, und ich hoffe, dass es dabei nur zu Sachschäden kam und niemand ernsthaft verletzt wurde. Dennoch zeigt dies eindrucksvoll, wie sicher, entspannt und stressfrei das Reisen mit der Bahn im Vergleich zum Auto ist. Die Ruhe der Zugfahrt und die herrlichen Landschaften machen den Umstieg auf dieses Verkehrsmittel besonders lohnenswert. Gerade in solchen Momenten wird einem bewusst, wie wertvoll stressfreies Reisen sein kann und wie viel Lebensqualität man durch die Bahn gewinnt.

Nach meiner Ankunft in Roth führte mich mein Weg vom Bahnhof direkt ins Zentrum der Stadt, das durch seine charmante Atmosphäre besticht. Der Spaziergang verlief über eine beeindruckende Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die den malerischen Fluss Rednitz auf harmonische Weise überspannt und damit einen großartigen Ausblick auf die umliegende Natur bietet. Dabei kam ich auch am historischen Mausoleum im Stieberpark vorbei, das mit seiner besonderen Architektur einen faszinierenden Einblick in die Geschichte der Stadt gewährt. Anschließend führte mich mein Weg weiter durch ein äußerst charmantes und ruhiges Wohngebiet, das mit seinen gepflegten Häusern und Gärten eine einladende Atmosphäre schafft. Schließlich gelangte ich in die historische Altstadt von Roth, wo ich am Ende meines Spaziergangs das beeindruckende und majestätische Schloss Ratibor bestaunen konnte.

Die Stadt Roth blickt auf eine facettenreiche und bemerkenswert lange Geschichte zurück. Bereits im 12. Jahrhundert entstand hier der zentrale Marktplatz, der bis heute das Herzstück des Stadtlebens bildet. Seit dem 14. Jahrhundert besitzt Roth zudem die Stadtrechte, was ihre Bedeutung in der Region unterstreicht.

Schon lange vor der Entwicklung der Stadt zu einem wirtschaftlichen Zentrum war sie als bedeutender Zufluchtsort bekannt: Als kaiserlich anerkannter Asylort bot Roth Schutz für Menschen, die zu Unrecht in Konflikt mit dem Gesetz geraten waren.

Diese besondere Funktion machte die Stadt weit über ihre Grenzen hinaus bekannt und trug wesentlich zu ihrer historischen Bedeutung bei. Im Jahr 1535 ließen die Markgrafen von Ansbach schließlich das beeindruckende Schloss Ratibor errichten, das bis heute als eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt gilt. Besonders das 18. Jahrhundert hinterließ durch die Markgrafen zahlreiche architektonische Spuren, die das Stadtbild nachhaltig prägten und Roth seinen unverwechselbaren Charakter verliehen.

Mit dem Verkauf des Schlosses an den einflussreichen Fabrikanten Stieber begann bereits im Jahr 1747 die Industrialisierung in Roth. Dank der hervorragenden geografischen Lage und des Bahnanschlusses im Jahr 1849 entwickelte sich das traditionelle Gewerbe der Leonischen Waren in rasantem Tempo weiter. So entstanden zahlreiche erfolgreiche Unternehmen, die sich auf die Herstellung unterschiedlichster Produkte, wie beispielsweise Christbaumschmuck, glänzende Metallfolien und hochwertige Kabel, spezialisierten. Einige dieser traditionsreichen Firmen, die eine lange Geschichte haben, sind bis heute in Roth ansässig und prägen das wirtschaftliche Leben der Stadt weiterhin aktiv. Die Entwicklung dieser Industrie trug nicht nur zur wirtschaftlichen Blüte der Region bei, sondern hinterließ auch ein beeindruckendes industrielles Erbe, das bis heute sichtbar ist.

Die lange und bewegte Geschichte der Stadt Roth wird im Museum des Schlosses Ratibor auf faszinierende Weise lebendig. Besonders beeindruckend ist, dass der wunderschöne Innenhof des Schlosses zugleich den Startpunkt für die Lauschtour durch die Stadt bildet, was diesem Ort eine besondere Bedeutung verleiht. Da sich der Beginn der Tour direkt beim Museum befindet und die Distanz kaum zu übersehen ist, entschied ich mich, zunächst das wunderschöne Museum ausführlich zu erkunden. Besonders beeindruckend fand ich dabei das prunkvolle Speisezimmer, das mit seinen kunstvollen Details begeistert, und den glanzvollen Prunksaal, der mit Eleganz und Geschichte verzaubert. Doch das Museum hat weit mehr zu bieten und sollte keinesfalls lediglich auf diese Highlights reduziert werden, auch wenn sie wirklich beeindruckend sind. Eine Vielzahl an einzigartigen Exponaten aus der reichen Stadtgeschichte sowie zahlreiche Objekte des täglichen Lebens laden Besucher auf eine spannende Reise ein, die zum Stöbern, Staunen und Entdecken einlädt.

Besonders sehenswert ist die aktuelle Sonderausstellung: „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“. Besonders beeindruckend finde ich, wie jungen Menschen hier eine wundervolle Möglichkeit gegeben wird, sich intensiv mit einem der dunkelsten Kapitel unserer jüngeren Vergangenheit zu befassen. Das Tagebuch von Anne Frank bietet auf ergreifende Weise einen tiefgründigen Einblick in die Gefühlswelt und das Leben der Menschen, die unter der NS-Herrschaft verfolgt wurden. Anne Frank, die selbst nur 15 Jahre alt wurde, hinterließ mit ihrem Tagebuch ein unvergleichlich bedeutendes Vermächtnis. Dieses Vermächtnis ermöglicht es uns heute, die Wünsche, Ängste und Hoffnungen dieser schweren Zeit besser nachzuvollziehen und dient darüber hinaus als ein wertvolles und authentisches Zeugnis für die nachhaltige Aufarbeitung dieser schrecklichen Epoche der Geschichte.

Das museumspädagogische Angebot des Museums erfreut sich besonders bei Schulen großer Beliebtheit – und das meiner Meinung nach vollkommen zu Recht. Während meines Besuchs war eine Schulklasse vor Ort, und die beeindruckten Gesichter der Schülerinnen und Schüler nach der Führung zeigten mir deutlich, wie tief sie von den präsentierten Eindrücken berührt und inspiriert wurden. Besonders ansprechend und kreativ fand ich die von jungen Menschen des Jugendhauses gestalteten Objekte, die das Thema der Ausstellung auf außergewöhnlich einfühlsame und originelle Weise reflektieren. Die Ergänzung durch diese kreativen Beiträge macht die Ausstellung zu einem noch eindrucksvolleren Erlebnis.

Neben dieser eindrucksvollen Sonderausstellung gibt es eine weitere inspirierende Kunstausstellung, die jeden Herbst die Räume des Schlosses mit zeitgenössischer Kunst füllt und in eine eindrucksvolle Galerie verwandelt. Dadurch wird Schloss Ratibor nicht nur zu einem Ort der Geschichte, sondern auch zu einem lebendigen Zentrum für Kunst und Kultur. Die diesjährige Umsetzung ist meiner persönlichen Meinung nach besonders gelungen. Die ausgestellten Kunstwerke und Objekte harmonieren auf wunderschöne Weise mit dem historischen Ambiente des Schlosses. Ein besonderes Highlight erwartet Sie im prachtvollen Prunksaal – lassen Sie sich überraschen und genießen Sie diesen außergewöhnlichen Moment!

Alles in allem ist ein Besuch in diesem liebevoll geführten Museum wirklich absolut empfehlenswert, besonders wenn man Wert auf ein spannendes und abwechslungsreiches Erlebnis legt. Bitte beachten Sie jedoch bei der Planung Ihres Besuchs die Schlieszeiten im Winter, damit Sie Ihren Ausflug optimal gestalten können. Es lohnt sich in jedem Fall, hierher zu kommen und in die faszinierende Vielfalt der Ausstellungen einzutauchen!

Nach meinem faszinierenden, spannenden und kurzweiligen Besuch im Museum begann ich voller Vorfreude meine Lauschtour durch die wunderschöne Stadt Roth. Diese Tour bietet eine beeindruckende Fülle an wertvollen Informationen über die Stadt, ihre bedeutenden Denkmäler, historischen Funktionsgebäude, altehrwürdigen Kirchen, prächtigen Häuser und zentralen Plätze.

Auf dem Weg kommen Sie beispielsweise am außergewöhnlich beeindruckenden Luitpold-Denkmal vorbei, das durch seine historische Bedeutung begeistert. Ein besonderes Highlight auf der Tour sind die prachtvollen Bürgerhäuser, darunter das detailverliebte Haus Mehl und eines der schönsten und beeindruckendsten Fachwerkhäuser Frankens, das Riffelmacherhaus, welches durch seinen einzigartigen Stil besticht. Außerdem erfahren Sie während der Tour viele spannende und wissenswerte Details über das elegante und kunstvoll gestaltete Seckendorff Schlösschen, in dem heute das äußerst engagierte Integrationsbüro der stets aktiven Volkshochschule untergebracht ist.

Während der Lauschtour entdecken Sie außerdem die eindrucksvollen Überreste der historischen und imposanten Stadtmauer, die neben ihrer geschichtlichen Bedeutung auch durch ihre architektonische Einzigartigkeit beeindruckt. Ein weiteres Highlight auf diesem Rundgang ist die wunderschöne und geschichtsträchtige evangelische Stadtkirche, die mit ihrer faszinierenden, teils düsteren und geheimnisvollen Geschichte sowie ihrer beeindruckenden Baukunst besticht. Auch historische Funktionsgebäude, wie das alte und charmante Postamt, spielen auf dieser Tour eine große Rolle.

Dabei erfahren Sie, welche immense Bedeutung dieses Gebäude einst für die Entwicklung der Stadt hatte und warum der Balkon des ehrwürdigen alten Rathauses auch heute noch so besonders und einzigartig ist. Der weitläufige Marktplatz der Stadt beeindruckt durch seine großzügige Größe und architektonische Harmonie, hatte jedoch im Mittelalter eine noch viel wichtigere und zentrale Funktion als ein lebhaftes Handelszentrum. Rund um diesen historischen Platz befinden sich zahlreiche malerische, historische Wirtshäuser und komfortable Unterkünfte, die einst vielen Händlern und Reisenden als willkommene Herberge dienten. Weitere interessante und ausführliche Informationen zu den zahlreichen und sehenswerten Attraktionen in Roth finden Sie hier.

Vergessen wir nicht: Das Leben in der Stadt, vor allem direkt am Marktplatz, kann auch heute noch wunderschön sein und bietet eine Vielzahl an besonderen Erlebnissen. Hier gibt es nicht nur lebendige Gastronomie, die mit ihren vielfältigen Angeboten begeistert, und einen ebenso abwechslungsreichen Handel, sondern auch Kunst und Kultur kommen keineswegs zu kurz und sind jederzeit präsent. Besonders hervorzuheben ist die Kulturfabrik, die mit ihrem stets innovativen und abwechslungsreichen Programm Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Region begeistert und immer wieder aufs Neue anzieht.

Auch die Jugendarbeit hat ihren festen und bedeutenden Platz in der Stadt Roth. Hierfür betreibt die Stadt das engagierte Jugendhaus, das zahlreiche spannende Aktivitäten und vielfältige Formen der Unterstützung bietet, um junge Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen.

Alles in allem lässt sich sagen: Ein Besuch in der Stadt Roth im wunderschönen Fränkischen bei Nürnberg lohnt sich auf jeden Fall und bietet zahlreiche Möglichkeiten. Besonders beeindruckend finde ich die historische Altstadt, die durch ihre charmante Atmosphäre, die liebevoll erhaltenen Bauten und den geringen Autoverkehr besticht – was wohl den durchdachten Einbahnstraßenregelungen zu verdanken ist. Leider hatte das Fabrikmuseum, das ich wirklich gerne besucht hätte, an meinem Reisetag geschlossen. Dort hätte ich gerne mehr über die traditionsreiche Geschichte der Drahtproduktion und ihren Weg nach Roth erfahren. Wussten Sie, dass ein Migrant aus der Nähe von Lyon diese Produktionsweise einst in die Stadt brachte und damit eine ära bestimmende Industrie prägte? Planen Sie Ihren Besuch unbedingt im Voraus und achten Sie dabei genau auf die Öffnungszeiten, insbesondere an einem Sonntag.

Meine Rückreise verlief schließlich nicht ganz wie erwartet. Der Zug, der planmäßig 4 Minuten vor jeder vollen Stunde abfahren sollte, wurde zunächst mit einer 15-minütigen Verspätung aufgrund einer Signalstörung angekündigt, was mich zunächst skeptisch stimmte. Am Bahnhof angekommen, dachte ich noch, dass ich mir den Stress hätte sparen können, indem ich mehr Zeit eingeplant hätte – doch dann stellte sich heraus, dass der Zug trotz der vorherigen Ankündigung doch pünktlich abfuhr. Die DB-Navigationsapp zeigte die angebliche Verspätung sogar noch bis Treuchtlingen an, was mich etwas verwirrte. Später kam es dennoch zu einer Verzögerung, jedoch nicht wegen der anfänglich gemeldeten Signalstörung, sondern wegen eines Fahrgasts, der sich im Zug unangemessen verhielt und in Dollnstein nicht aussteigen wollte, was zu Diskussionen führte. Dadurch verzögerten wir uns um weitere 10 Minuten. Trotz all dieser unerwarteten Ereignisse erreichte der Zug den Münchener Hauptbahnhof letztendlich fast pünktlich, auch wenn wir unterwegs in Ingolstadt noch von einem schnellen ICE überholt wurden.

Für mich bleibt die Bahnreise jedoch immer wieder ein positives Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Sie bietet nicht nur eine entspannte und komfortable Art zu reisen, fern von Straßenverkehr und Stress, sondern auch die besondere Möglichkeit, spannende Geschichten zu erleben und auf unterschiedlichste Menschen zu treffen – sei es freundlich oder weniger freundlich. Mit der richtigen Einstellung können Sie auch in kleinen Begebenheiten, selbst wenn sie zunächst ärgerlich erscheinen, positive Momente und Freude finden. So endete ein wirklich aufregender, erlebnisreicher und abwechslungsreicher Tag viel zu schnell, hinterließ aber viele Eindrücke, die mir noch lange in Erinnerung bleiben werden.